Erfassung des emotionalen Impacts von Informationen zu diversen Lebensmitteln anhand der Face Reader Technologie

Autor(en)
Katharina Achleitner , Barbara Aumayr, Max Joechl, Klaus Dürrschmid, Dorota Majchrzak
Abstrakt

Einleitung


Emotionen gelten als der Ausdruck des menschlichen Gefühlslebens und sind sehr stark u.a. mit der Lebensmittelaufnahme assoziiert. Das Gesicht als non-verbales Kommunikationsmittel ist ein wichtiges Element diese Emotionen zum Ausdruck zu bringen. Die Erfassung und Analyse des Gesichtsausdrucks wird durch die Anwendung moderner Softwares möglich gemacht und erlaubt so die Erforschung der Beziehung zwischen Lebensmittel und Emotionen.


Bestehende Literatur zeigt, dass Fotos von Lebensmitteln die von Kindern zuvor als unbeliebt eingestuft wurden, zu starken Reaktionen in Form einer Veränderung des Gesichtsausdrucks führten (Banister, 2004). De Wijk et al. (2012) berichteten ebenfalls davon, dass bereits der Anblick eines Lebensmittels ähnliche Reaktion bei Erwachsenen hervorruft. Diese Reaktion konnte vor allem bei unbeliebten Lebensmitteln, im Vergleich zu beliebten, festgestellt werden und war auf bestimmte Emotionen, nämlich sad, angry und disgusted, limitiert.


Außerdem wurde untersucht, ob die gezeigte Gesichtsexpression die Art der Information reflektiert, ob beispielsweise negative Information vermehrt negative Emotion hervorruft, die im Gesichtsausdruck erfassbar ist.


Die präsentierte Studie wurde durchgeführt, um den Effekt von Informationen zu diversen Lebensmitteln auf a) Emotionen bzw. Gesichtsausdruck und b) Akzeptanz gegenüber Lebensmitteln zu untersuchen.


Dabei wurde analysiert, ob Informationen in Form eines Textes bzw. Bilder als Stimulus ausreichen um Emotionen auszulösen, die folgend im Gesichtsausdruck zu erkennen sind. Außerdem wurde untersucht, ob die gezeigte Gesichtsexpression die Art der Information reflektiert, ob beispielsweise negative Information vermehrt negative Emotion hervorruft, die im Gesichtsausdruck erfassbar ist.


Probanden und Methode


Dazu wurden 281 Probanden, Studenten im Alter zwischen 18 und 30 Jahren, rekrutiert und in vier Gruppen eingeteilt: Es handelte sich dabei um drei Interventionsgruppen, die a) positive, b) negative, c) wissenschaftliche Informationen inklusive Bildern von diversen Lebensmitteln erhalten haben bzw. d) die Kontrollgruppe, die ausschließlich die Bilder zu sehen bekommen hat. Die Untersuchungsprodukte umfassten: Kartoffelchips, Schokolade, Fertigsuppe, Joghurt, Wein, Kaffee, Cola-Getränk, Energy Drink und Mineralwasser. Die Information zu den vorher genannten Lebensmitteln und Getränken wurde, unabhängig von der Art der Intervention, sehr provokant formuliert, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen Reaktionen bei den Probanden hervorzurufen. Zusätzlich wurden in Form eines Fragebogens die Akzeptanz, Aversion und Intoleranz bzw. Allergie gegenüber den Lebensmitteln sowie diverse deskriptive Daten der Probanden erhoben. Die emotionalen Reaktionen der teilnehmenden Personen, die mit entsprechendem Gesichtsausdruck assoziiert sind und durch die Information ausgelöst werden, wurden mit FaceReader 4 (Noldus Information Technology) evaluiert. Die Software analysiert den Gesichtsausdruck und bestimmt die dadurch repräsentierten Emotionen, wobei zwischen sechs Primär-Emotionen (happy, sad, disgusted, angry, surprised und scared) und einer neutralen Gemütslage unterschieden wird. Diese wurden anschließend mit Observer XT 10.5 (Noldus Information Technology) ausgewertet. Folgend wurde die statistische Auswertung mit IBM SPSS Statistics 20 durchgeführt.


Ergebnisse:


Effekt der Information auf die Lebensmittel-Akzeptanz: Die Analyse der Daten zeigte, dass die Probanden durch die positive Information bezüglich der Lebensmittel eine höhere Akzeptanz entwickelten, als jene die mit der negativen Information konfrontiert wurden. Jedoch war dieser Effekt nur teilweise signifikant. Eine Ausnahme zu diesem Phänomen war die Akzeptanz gegenüber a) Fertigsuppen und b) Energy Drinks: Diese Produkte wurden in der Gruppe mit der positiven Information bezüglich der Lebensmittel am schlechtesten bewertet. Eine Ursache dafür könnte sein, dass das „ungesunde und schlechte“ Image beider Lebensmittel so präsent ist, dass die positive Information keine Wirkung zeigte bzw. womöglich sogar eine Trotzreaktion auslöste.


Effekt der Information auf die emotionale Reaktion bzw. den Gesichtsausdruck auf diverse Getränke: Betrachtet man die Mittelwerte der Emotionen der fünf dargebotenen Getränke zusammen, konnte eine negative Tendenz bezüglich der erfassten Emotionen in der Interventionsgruppe, die negative Informationen erhielt, beobachtet werden, denn scared konnte hier signifikant häufiger gemessen werden, verglichen mit der Interventionsgruppe die wissenschaftliche Informationen erhalten hat (p = 0.000). Ebenso konnte bei den Probanden, die mit negativen Informationen konfrontiert wurden, tendenziell häufiger die Emotion disgusted hervorgerufen werden, im Vergleich zur Gruppe, die positive Informationen erhielt (p = 0.008). Gleichzeitig wurden in der Interventionsgruppe, die den negativen Informationen ausgesetzt war, auch weniger neutrale Gesichtsausdrücke erfasst. Die Emotionen angry und happy hingegen unterschieden sich in keiner Gruppe signifikant in ihren Messwerten.


Werden die Messwerte der einzelnen Getränke separat analysiert, zeigten sich ausschließlich bei dem Cola-Getränk und beim Kaffee signifikante Unterschiede von Emotionen zwischen den vier Untersuchungsgruppen. Bei diesen beiden Getränken wurden signifikant weniger neutrale Gesichtsausdrücke gemessen in der Gruppe, die negative Informationen erhielt verglichen mit der Kontrollgruppe (Cola-Getränk: p = 0.001; Kaffee: p = 0.002).


Außerdem konnte bei dem Cola-Getränk ein signifikanter Unterschied der Emotion sad zwischen den Interventionsgruppen, die negative oder wissenschaftliche Informationen erhielten, festgestellt werden. Durch die negative Information zum Cola-Getränks, zeigten die Probanden signifikant weniger sad (p = 0.001), als jene die mit der wissenschaftlichen Information konfrontiert wurden. Ein Grund dafür könnte unter anderem die Textlänge sein. Da der Umfang der wissenschaftlichen Information größer war verglichen mit den Texten der anderen Interventionsgruppen, waren die Augen der Probanden während des Lesens vermutlich etwas länger gesenkt. Womöglich wird dieser Effekt von der Software vermehrt als sad interpretiert.


Zusätzlich zu der Auswertung der Mittelwerte wurde analog die statistische Auswertung auch mit den erfassten Maximumwerten der Emotionen durchgeführt. Diese können zwar stärker von Ausreißern beeinflusst werden als die zuvor verwendeten Mittelwerte der Emotionen, können aber auch starke Ausprägungen von Emotionen widergeben. So konnten beim Mineralwasser signifikant höhere Maximumwerte für scared (p = 0.000) und für surprised (p = 0.002) in der Interventionsgruppe, die negative Informationen erhielten, gemessen werden, verglichen mit der Kontrollgruppe. Daraus könnte man schließen, dass die negativen Informationen zu diesem Getränk, das im Allgemeinen ein positives Image hat, scheinbar zu Überraschung und Erschrockenheit führten.



Assoziation zwischen Lebensmittel-Akzeptanz und Gesichtsausdruck: Die Analyse der Daten bezüglich der Akzeptanz gegenüber Schokolade, Joghurt, Kartoffelchips und Fertigsuppe ergab, dass vor allem angry ein geeigneter "Gesichtsausdruck-Indikator" für die Lebensmittel-Akzeptanz ist. Die hohen angry-Mittelwerte der unbeliebten Fertigsuppe unterschieden sich signifikant zu den niedrigsten angry-Mittelwerten der sehr beliebten Schokolade (p = 0.049).



Effekt der Lebensmittel-Aversion auf den Gesichtsausdruck: 15 % der Probanden gaben an, eine Aversion gegenüber der Fertigsuppe zu haben. Diese Probanden zeigten überraschenderweise signifikant weniger sad (p = 0.046) und signifikant mehr happy (p = 0.03). Dieses paradoxe Ergebnis könnte durch von Ekman (1970) beschriebene sogenannte „Display Rules“ erklärt werden: Er beschreibt dieses Phänomen als eine erlernte Technik zur Kontrolle und Management von Emotionen. Dabei erläutert er diverse Mechanismen die darlegen, wie Menschen in der Öffentlichkeit bzw. gegenüber autoritären Personen mit ihren Gefühlen umgehen. Dabei beschreibt er u.a. auch das Verhalten, dass Menschen empfundene negative Emotionen ihrer Umwelt nicht zeigen, sondern versuchen sie mit einem Lächeln zu maskieren. Dies könnte auch das paradoxe Verhalten der Probanden erklären: Sie versuchten die negative Emotion sad zu verbergen und durch happy zu maskieren.


Schlussfolgerung


Zusammenfassend kann gesagt werden, dass durch Informationen und Bilder von diversen Lebensmitteln eine emotionale Reaktion erzeugt und diese auch durch die Art der Information beeinflusst werden konnte, wobei die Ergebnisse nur teilweise signifikant und nicht immer plausibel sind. Die Ursache dafür könnten eine Vielzahl an folgenden Faktoren bzw. die Interaktion dieser Faktoren sein, die das Denken, Empfinden und Handeln des Menschen beeinflussen: individuelle Charakteristika einer Person (z.B. Wie aufgeschlossen ist jemand? Wie offensichtlich zeigt derjenige Emotionen?), der allgemeine körperliche Zustand (z.B. Müdigkeit, Unkonzentriertheit, Desinteresse), aktueller Ernährungszustand (z.B. Hunger, Durst oder Zeitraum seit der letzten Nahrungsaufnahme) oder der gegenwärtige Wissensstand (Erfuhr die Person neue Erkenntnisse durch die Information?).


Nichtsdestotrotz scheint Noldus FaceReader eine geeignete Methode zu sein, um den Gesichtsausdruck zu analysieren, vorausgesetzt der Stimulus ist ausreichend stark, um eine Reaktion in Form einer Veränderung des Gesichtsausdrucks zu erzeugen. Dies könnte man durch die Konfrontation mit einem realen Lebensmittel, beispielsweise durch den Verzehr bei dem weitere sensorische Eindrücke durch das Riechen und Schmecken erfasst werden würden, erreichen. Doch allgemein waren die emotionalen Reaktionen auf Texte und Bilder eher schwach.


Auch die Lebensmittel-Akzeptanz konnte – teilweise signifikant – durch die Art der Information moduliert werden. Doch es stellt sich die Frage inwieweit selbst schwache Reize das Unterbewusstsein beeinflussen und dies (langfristig) Auswirkungen auf die persönliche Meinung über ein Produkt ausüben können.


Organisation(en)
Department für Ernährungswissenschaften
Externe Organisation(en)
Universität für Bodenkultur Wien, Universität Wien
Seiten
15-19
Anzahl der Seiten
5
Publikationsdatum
05-2013
ÖFOS 2012
303009 Ernährungswissenschaften
Schlagwörter
Link zum Portal
https://ucris.univie.ac.at/portal/de/publications/erfassung-des-emotionalen-impacts-von-informationen-zu-diversen-lebensmitteln-anhand-der-face-reader-technologie(70d5ae8b-cbfc-48a3-bfb1-6e156d58d9cd).html