„Kinder essen was ihnen schmeckt“ - kann man das beeinflussen?

Autor(en)
Maria Altmann, Dorota Majchrzak
Abstrakt

Die sensorische Wahrnehmung steht in engem Zusammenhang mit dem Ernährungsverhalten. Besonders Kinder essen was ihnen schmeckt. Deshalb ist es von großer Bedeutung den Geruchs- und Geschmackssinn von Kindern durch sensorische Schulungen zu schärfen um das Bewusstsein für eine gesunde Ernährung zu steigern und Essgewohnheiten auf positive Weise zu beeinflussen. „Kinder essen, was ihnen schmeckt“ – diese Tatsache macht sich auch die Lebensmittelindustrie zu Nutze. Der Markt von speziellen Kinderlebensmitteln wächst und zielt auf angeborene Präferenzen wie zum Beispiel für den süßen Geschmack ab. Die Folge dieses Trends: Kinder konsumieren zu viel Zucker [COOKE und WARDLE, 2005]. Es besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Fähigkeit verschiedene Gerüche und Grundgeschmacksarten zu erkennen und dem Ernährungsverhalten von Kindern. Eine vermehrte Aufnahme von Fast Food und ein hoher Zuckerkonsum korrelieren deutlich mit einer schlechten sensorischen Wahrnehmungsfähigkeit bei Schulkindern, während der tägliche Verzehr von Obst, Gemüse und Misch- sowie Vollkornbrot einen positiven Effekt zeigt [DÜRRSCHMID et al., 2008]. Es wurde auch bewiesen, dass durch ein Sensoriktraining der Konsum von z.B. Karotten und Erbsen bei den 5- bis 11-Jährigen gesteigert werden konnte [LATIMER et al., 2009]. Diese Ergebnisse machen deutlich, dass Kinder durch einfache Maßnahmen, die sich im Schulalltag mit wenig Aufwand implementieren lassen, für gesunde Lebensmittel sensibilisiert werden können.



Das Ziel der vorliegenden Studie war es zu untersuchen, ob ein kurzes Sensoriktraining (zwei gekoppelte Unterrichtseinheiten à 50 Minuten) die Geruchs- und Geschmackswahrnehmung von Schulkindern (n=69; 6-11 Jahre, davon 52,2% Mädchen und 47,8% Jungen) positiv beeinflussen kann.


Die Erhebungen fanden von April bis Juni 2012 statt und waren in vier Phasen unterteilt: Baseline-Messung, Sensoriktraining, Follow-up-Messung 1 (eine Woche nach dem Sensoriktraining), Follow-up-Messung 2 (ein Monat nach dem Sensoriktraining). Die olfaktorische Wahrnehmungsfähigkeit wurde mittels Geruchsidentifikationstests mit 16 Sniffin‘ Sticks der Firma Burghart evaluiert. Die gustatorische Wahrnehmungsfähigkeit wurde anhand eines Geschmacksidentifikationstests der fünf Grundgeschmacksarten (süß, sauer, salzig, bitter, umami) nach DIN 10961 und ISO 3972 Norm erhoben.


Das Sensoriktraining bewirkte eine signifikante (p<0,05) Verbesserung des Geruchs- und Geschmackssinns. Bei der Baseline-Messung identifizierten die Kinder durchschnittlich 10,25 Gerüche und 1,99 Geschmacksarten. Eine Woche nach dem Sensoriktraining (Follow-up-Messung 1) stieg die korrekte Identifizierung auf 12,33 (p=0,000) Gerüche und 2,78 (p=0,003) Geschmacksarten. Ein Monat nach dem Sensoriktraining (Follow-up-Messung 2) konnte ein Anstieg auf 12,20 (p=0,000) Gerüche und 2,64 (p=0,011) Geschmacksarten erzielt werden.


Vor dem Sensoriktraining erkannten nicht einmal 10% der Schüler 12 oder mehr der 16 dargebotenen Gerüche, zu beiden Zeitpunkten nach dem Training ist dieser Anteil auf beinahe 50% gestiegen. Orange, Banane, Fisch und Pfefferminz wurden am häufigsten erkannt, Apfel hingegen wurde am seltensten korrekt identifiziert. Die Hälfte oder mehr der fünf dargebotenen Grundgeschmacksarten identifizierten bei der Baseline-Messung nur 36% der Kinder, bei der Follow-up-Messung 1 und 2 war jeweils ein Anstieg auf 60% zu beobachten. Bei allen Erhebungszeitpunkten wurde sauer von den Schülern am häufigsten erkannt, gefolgt von süß, salzig und bitter. Umami wurde von den Studienteilnehmern nur sehr selten korrekt identifiziert.


In Übereinstimmung mit der Studie von NIKOLAUS [2008] konnte ein linearer Zusammenhang zwischen Alter und olfaktorischer Wahrnehmungsfähigkeit festgestellt werden, die älteren Kinder (9-11 Jahre) zeigten eine signifikant (p<0,05) bessere Geruchswahrnehmung als die jüngeren (6-8 Jahre). Beim Geschmacksidentifikationstest konnte keine signifikante Differenz zwischen den beiden Altersgruppen beobachtet werden. Der Einfluss des Geschlechts wurde weder bei der olfaktorischen noch bei der gustatorischen Wahrnehmungsfähigkeit nachgewiesen.


Schlussfolgernd lässt sich sagen, dass eine konstante, bis zu einem Monat dauernde Verbesserung der Geruchs- und Geschmackswahrnehmungsfähigkeit der Kinder durch ein kurzes Sensoriktraining möglich ist. Da aber bei der Evaluierung des Geruchs- und Geschmacksinns von Kindern viele Faktoren, wie z.B. die kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten zu beachten sind, verlangen sensorische Schulungen mit Kindern spezielle für die jeweilige Altersgruppe entwickelte Programme, die das Potential haben das sensorische Bewusstsein der Kinder zu stärken und sie für eine gesunde Ernährung zu sensibilisieren.


Organisation(en)
Department für Ernährungswissenschaften
Seiten
41-43
Anzahl der Seiten
3
Publikationsdatum
05-2013
ÖFOS 2012
303009 Ernährungswissenschaften
Schlagwörter
Link zum Portal
https://ucris.univie.ac.at/portal/de/publications/kinder-essen-was-ihnen-schmeckt--kann-man-das-beeinflussen(5f108d09-4f03-41d3-a9d4-d735ed8c6a91).html