Univ.-Prof. Dr. Ina Bergheim
Die Forschungsschwerpunkte unserer Arbeitsgruppe liegen einerseits in der Untersuchung des Zusammenspiels zwischen Darm und Leber im Kontext metabolischer Lebererkrankungen wie MASLD und ALD. Wir widmen uns aber auch der Untersuchung molekularer Mechanismen des Alterns und deren Einfluss auf die Darmbarriere und die Leber sowie der Kognition und wie diese durch Ernährung moduliert werden können. Weiteres befassen wir uns auch mit dem Einfluss von Ernährung und Ernährungsmuster auf die durch virale und bakterielle Bestandteile verursachte Immunreaktion.
Metabolische Dysfunktion-assoziierte steatotische Lebererkrankung (MASLD) und Alkohol assoziierte Lebererkrankung (ALD)
Die MASLD, die bis vor kurzem noch als NAFLD bezeichnet wurde, sowie die ALD stellen weltweit eine wachsende Belastung für die Gesundheitssysteme dar. Studien weisen darauf hin, dass komplexe Wechselwirkungen zwischen Stoffwechselprozessen, Entzündungen, Alterungsmechanismen und dem Immunsystem eine zentrale Rolle in der Entstehung der MASLD spielen. Die Prävalenz von MASLD ist von weltweit etwa 25 % (1990–2006) auf 38 % (2016–2019) gestiegen, wobei Menschen mit Übergewicht oder Typ-2-Diabetes besonders betroffen sind (Younossi et al., 2023).
Alkohol assoziierte Lebererkrankungen tragen ebenfalls erheblich zur Krankheitslast bei: Laut dem Global Status Report on Alcohol and Health 2024 der WHO sind jährlich etwa 2,6 Millionen Todesfälle auf Alkoholkonsum zurückzuführen, was 4,7 % aller weltweiten Todesfälle ausmacht. Ein bedeutender Anteil dieser Todesfälle ist auf alkoholbedingte Lebererkrankungen wie Zirrhose und Leberkrebs zurückzuführen, wobei Männer deutlich häufiger betroffen sind als Frauen. Trotz intensiver Forschung sind die molekularen Mechanismen der Entstehung der MASLD als auch der ALD bisher noch nicht vollständig geklärt.
Altern und degenerative Veränderungen
Weltweit nimmt die Zahl der älteren Menschen stetig zu, und es wird prognostiziert, dass im Jahr 2050 die Zahl der über 60-Jährigen die der unter 15-Jährigen übersteigen wird. Darüber hinaus deuten die Ergebnisse des Global Burden of Disease Report 2021 darauf hin, dass mit zunehmendem Alter die Wahrscheinlichkeit steigt, an Krankheiten wie Alzheimer und Stoffwechselkrankheiten zu erkranken. Der Alterungsprozess kann mit funktionellen Beeinträchtigungen von Zellen, Geweben und Organen, aber auch Veränderungen des Immunsystems einhergehen, die schließlich zum Tod führen. Die Mechanismen die dem gesunden Altern unterliegen und hierbei vor allem der Einfluss der Ernährung sind bisher nicht abschließend geklärt.
Ernährung und Immunantwort
Nicht erst seit der SARS-CoV2-Pandemie ist die Interaktion von Ernährung und Immunantwort in den Fokus gerückt. Neben viralen Infekten führen nach wie vor auch bakterielle Infektionen zu Todesfällen. Ergebnisse unserer eigenen sowie weiterer Studien zeigen, dass die Ernährung und vor allem sekundäre Pflanzenstoffe, zum Beispiel aus Hopfen, aber auch aus anderen Pflanzen, das Immunsystem beeinflussen und die durch bakterielle Substanzen ausgelöste Entzündungsantwort verändern können. Wie verschiedene Ernährungsmuster und Nahrungsbestandteile das Immunsystem modulieren und so den Infektionsverlauf beeinflussen, ist bisher nicht abschließend geklärt.
Unsere Forschungsprojekte
Unsere Arbeitsgruppe widmet sich der Erforschung dieser Mechanismen und verfolgt einen multidisziplinären Ansatz, der Ernährungswissenschaft, Molekularbiologie und Immunologie vereint. Dabei stehen folgende Schwerpunkte im Fokus:
1. Interaktion von Nahrungsinhaltsstoffen, Alkohol und der Darmbarriere:
Wir untersuchen, wie Nahrungsinhaltsstoffe und Alkohol die Funktion der Darmbarriere beeinflussen und welche Rolle diese Veränderungen bei der Entstehung der MASLD und der ALD spielen. Besonders betrachten wir die Interaktion von Darm und Leber sowohl in der Entstehung der ALD und MASLD als auch altersassoziierte degenerative Leberveränderungen.
2. Alterungsprozesse und altersbedingte Leberschäden:
Altern geht häufig mit einem Funktionsverlust der Leber und anderen Organen einher, begleitet von chronischen Entzündungen (Inflamm-Ageing) und immunologischen Veränderungen. Unsere Forschung zielt darauf ab, die Rolle von bakteriellen Endotoxinen und Toll-like-Rezeptoren in diesen Prozessen zu entschlüsseln und altersbedingte Leberschäden besser zu verstehen.
3. Hopfen-Inhaltsstoffe und das Immunsystem:
Hopfen enthält bioaktive Substanzen mit potenziell entzündungshemmenden und immunmodulierenden Eigenschaften. Wir analysieren deren Wirkung auf das Immunsystem und untersuchen ihre Anwendungsmöglichkeiten zur Prävention und Therapie metabolischer Erkrankungen sowie zur Regulierung von Entzündungsprozessen.
Ziel unserer Forschung ist es die Grundlage für neue ernährungsbasierte Strategien der Prävention und Therapie von steatotischen Lebererkrankungen, altersbedingten Organschäden und infektionsassoziierten Entzündungsprozessen zu schaffen. Durch die Untersuchung verschiedener Modellorganismen und einen translationalen Ansatz wollen wir wissenschaftliche Ergebnisse direkt in die Praxis überführen.
Younossi, Z. M., Golabi, P., Paik, J. M., Henry, A., Van Dongen, C., & Henry, L. (2023). The global epidemiology of nonalcoholic fatty liver disease (NAFLD) and nonalcoholic steatohepatitis (NASH): a systematic review. Hepatology, 77(4), 1335-1347. https://doi.org/10.1097/HEP.0000000000000004